Minergie,-P, -A und wie sie alle heissen. Gerne werden in diesen Programmen wichtige Themen wie Energieeffizienz, Komfort und intelligente Gebäudetechnik behandelt, Gross geschrieben und geplant. Vom Grossen hin zum Kleinen bedarf es jedoch einiger Schritte und Brücken. In den Schluchten zwischen verschiedenen Bauteilen liegt die handwerkliche Herausforderung. Die Kunst der Fuge ist und bleibt in ihrem Kern etwas praktisches und augenblickliches. Die Fugen, gerade von Johann Sebastian Bach, in der Musik, sind ein Sinnbild unserer Fuge beim Fenstereinbau, denn hier spielt die Musik. Das Thema, z.B. Fugendichtung mit Anschlussfolien, muss bis ins Detail gespielt werden.
Die Fuge: Brücke zum Baukörper
In den letzten Jahre sind Fenster in sämtliche Richtungen hin optimiert worden: Schall-,
Brand-, Einbruchs-, Wärmeschutz, solare Gewinnbringer, Lüftungskünstler und Überhitzungsschützer. Fenstereinbau und Abdichten der Fuge ist aber kein fertiges Element sondern zu erstellendes Handwerk. „Fuge“ kommt vom Lateinischen „fuga“ und bedeutet „Flucht“ oder „Weglaufen“. Ist das vielleicht bezeichnend für die Art und Weise wie man mit dem Thema die Fuge umgeht? Schnell soll es gehen, ohne Schmutz, einfach, nichts kosten, länger Bestand haben als das Fenster selbst und das natürlich wartungsfrei. Eine wahrhaft eierlegende Wollmilchsau, spannend.
Die Fuge, als schwächstes Glied der Kette, bestimmt die Leistungsfähigkeit eines Bauteils. Anforderungen an das Bauteil müssen in der Fuge auf kleinstem Raum dargestellt werden. Der Leistung, sonst innerhalb von 24 oder mehr Zentimetern erbracht, steht nun nur wenige Millimeter zur Verfügung. Zeitgleich ist die Fuge die Brücke zum nächsten Hochleistungsbauteil, dem Fenster, das in sich schon eine komprimierte Fassung des umgebenden Bauteils darstellt. Entsprechend stark machen sich hier kleinste Mängel bemerkbar, es zieht, ist feucht und es schimmelt.
Wie in der Musik ist die Bauteilfuge ein komplexes Teil in sich selbst. Musikalisch gesehen ist die Fuge eine kontrapunktische Form, die ein Thema durch verschiedene Stimmen hindurch reicht, es flieht von Stimme zu Stimme. Dies verlangt Planung, Übung und akkurate Einhaltung von Abläufen, weil sonst alles aus dem Takt gerät. Das Selbe lässt sich so auch für Bauteilfuge und Bauablauf formulieren. In der Musik entsteht ein Missklang, im Bauwerk ein Bauschaden oder Mangel, der dann wieder mühsam behoben werden muss. Es gilt, je später Fehler im Bauablauf auftreten desto höher ist der damit verbundene Korrekturaufwand und die Kosten. Die günstigste Fehlerkorrektur ist in der Planung die „Entf“-Taste zu drücken, auf der Baustelle bleibt diese Wunschvorstellung. Jedes Nachregeln im laufenden Prozess macht diesen aufwändiger, langsamer und erhöht die Kosten.
Unabhängig mit welchem System eine Fuge verschlossen wird, die Funktion und Dauerhaftigkeit stehen im Vordergrund. Grundsätzlich gilt es, dem Formverlauf von Fensterprofil und Baukörper zu folgen und den Spalt, die Fuge, funktionsfähig zu verschliessen. Lineare oder flächige Systeme, z. B. Kanten, sind in sich sehr einfach zu dichten. Aufwendiger werden Ecken oder Änderungen in der Geometrie. Hier müssen Dichtungsebenen durchgängig sein und bis zu Ende gedacht werden. Auch gilt der Verarbeitung des Dichtstoffes besondere Aufmerksamkeit: Macht das der Dichtsoff oder die Folie mit? Wie falten? Wie schneiden? Können Dehnspannungen oder Rückstellkräfte entstehen? Und wie sieht es bei 3-Dimensionalität der Eckbereiche mit zusätzlichem Versprung der Ebenen aus? Hier findet man die grösste Herausforderung für sämtliche Systeme.
Eine Möglichkeit der Fugenabdichtung ist die Anschlussfolie. Folgt man dem Formverlauf ist selbst die einfachste Form: die Kante, je nach Art des Fensterprofils (für alle Dichtsysteme) herausfordernd.
Der Fensteranschluss stellt nicht nur Anforderungen als Wärmebrücke, sonder auch in Betracht an den Feuchtetransport durch Diffusion (konvektive Bewegungen sollten immer ausgeschlossen sein). Günstig für die Diffusion sind Bauteile inklusive Fuge, die nach aussen hin offen gestaltet sind. Kann dies, aus welchen Gründen auch immer, nicht realisiert werden, bietet es sich an mit feuchtevariablen Anschlussfolien zu arbeiten. Feuchtevariabel bedeutet, dass sich die Diffusionseigenschaften variabel den klimatischen Gegebenheiten anpassen und auf die Sommer-/Winterverhältnisse einstellen.
Damit kann die selbe Anschlussfolie sowohl innen als auch aussen verwendet werden. Damit erhöht sich nicht nur die Sicherheit in Bezug auf die Diffusion, sondern auch alle anderen Takte des Themas Fuge werden positiv beeinflusst: Senken der Verwechslungsgefahr auf der Baustelle, Vereinfachung der Planung, einfache Materialwahl und damit verbundene Lagervorhaltung, Arbeitsvorbereitung und Logistik.
Diffusion ist Bewegung von Wassermolekülen durch das Bauteil und strebt immer von der energiereichen warmen, zur energiearmen kalten Seite des Bauteils. Im Winter von innen nach aussen, im Sommer von aussen nach innen. Eine feuchtevariable Anschlussfolie passt ihren Diffusionswiderstand entsprechend dieser Gegebenheiten an. Im Winter innen hemmend (warm und trockener) und aussen offen (kühl und damit feuchter). Im Sommer kehren sich diese Verhältnisse um in aussen hemmend (warm und trockener) und innen offen (kühler und feuchter). Die Membran der Anschlussfolie stellt sich auf das sie umgebende Klima ein und hält damit die Fuge optimal trocken.
Fazit
Der Autor
Christoph Böhringer hat Holztechnik an der FH Rosenheim studiert. Er ist Anwendungstechniker bei pro clima Deutschland.
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